Die Gemeinde Lauterbach, 479-495 Meter hoch auf der Wasserscheide gelegen, ist eine Ausbausiedlung des 11. Jahrhunderts. Mit der Klostergründung Hohenwarts zerfiel die dortige Grafschaft, und die Trockentäler paarabwärts von Mühlried bis Englmannsberg wurden teils von den Klostervögten, teils von den Schenken aus der Au durch umfangreiche Rodungen und Schaffung sogenannter „Waldhuben“ der landwirtschaftlichen Kultur erschlossen.
So konnten sich Dorfgemeinden wie Koppenbach, Diepoltshofen, Strobenried und Lauterbach entwickeln. „Ze Werde“ oder „Wöhr“ hieß in der Ritterzeit des Mittelalters eine Hofmark, die sich entlang des „Lutarin-Paches“, des lauteren, klaren Baches, bis hinter an die Paar ausdehnte. Zu ihr gehörten vier Befestigungsanlagen: der Sedelhof Wöhr bei der Aumühle, der Herrensitz Ried, der Großmaierhof Pach, das heutige Niederdorf mit der Ritterburg Oberlauterbach, und der Sitz Hohenperg westlich Gröben, von dem nur noch der abgelegene Einödbauer Hengthal als Ableger oder Ausbruch sich erhalten hat.
Diese Hofmark Werd-Lauterbach ging schon vor dem „Altbayrischen Krieg“ (1421/1423) in Trümmer, vermutlich wegen dauernder Rechtshändel der Ritter mit der Freisinger Hochkirche. Als freie Herren auf Burg Luterpach sind von 1185 bis 1330 beurkundet die Ritter Lantfried, Kuonrad, Adalbert und Aribo. Ihr Sitz dürfte schon 1364/1388 niedergebrannt worden sein. Der unmittelbar daruntergelegene Maierhof samt der Tafern und ihrer Hub dagegen war etwa ab 1422/1423 wieder einigermaßen bewirtschaftet.
Inzwischen hatte Herzog Ludwig im Bart die Vogtei zu Lauterbach um 1700 Goldgulden gekauft. Hanns der Gumppenberger und Wieland der Swelcher vom Tunauer Moos hatten als herzogliche Räte 1405 die Eingliederung der Lauterpecker Vogtbauern ins Landgericht Schrobenhausen vollzogen. Den Hohenwarter Äbtissinnen wurde nun vom Landesherrn zur Pflicht gemacht, für eine gründliche Aufmaierung aller ödliegenden Güter zu sorgen.
Unserer lieben Frau und Sancto Wenceslao zu Ehren hatte die Stifterfamilie des Klosters Hohenwart über dem Lauterbacher Sedlhof und dicht unter dem Burgberg an der Stätte des alten Freithofs ein schlichtes Kirchlein erbauen lassen und dazu zwei Gütl geschenkt, das eine zu Pach, das andere im Ortskern.
Von Anfang an war Lauterbach eine Kuratie der großen Schrobenhausener St.-Jakobs-Pfarrei. Das eine wie das andere „Widemlein“ diente dem jeweiligen Kapellan als Heimstatt. War das Dörfl baufällig oder unbewohnbar, so bezog er die Nieder-Lauterbacher „Hiasengörgl“-Hofstatt, wie es zum Beispiel Herr Georg Stettperger, Kapellan, anno 1532-1535 tun musste.
Trotz dieser zwei Kirchgütl waren die Lauterbacher Kapläne oft arm dran, besonders in schlechten Erntejahren. Sie gerieten bei primitiver Lebensführung mitunter in Raufhändel mit den Bauern an Kirchtagen, wo man im 16. Jahrhundert noch mit Schweinsspießen, Morgensternen und Schlachtmessern aufeinander losging. Einer von ihnen führte 1578-1584 ein unpriesterlich sträfliches Leben, hielt sich eine Concubina, derenthalben Landpfleger Viktor von Seyboltstorf einen Sonderkurier mit Bericht nach München schicken musste.
Überhaupt hatten damals die Amtleute von Schrobenhausen und Mosen in Lauterbach viel Gerichtsarbeit zu leisten: 1542 waren Lauterbacher Frauen als „Unholdinnen“ der Hexerei bezichtigt worden und mussten gefangengesetzt werden, bis sie feierlich „abschwörten“. Veit der Lösch, Amtsknecht und Scherg zu Lauterbach, musste mithelfen, den Mörder Jörig Liebhard von Niederlauterbach 1546 auszuliefern, und 1548 hat sich dieser Lösch hohes Lob verdient, als er den gefährlichen plündernden Landsknecht Lienhard Taler gefangennahm.
Aber zurück zu unserer Wenzelskirche! Nordostwärts von ihr sprudelt vom Burgbichl herunter ein Quellchen mit leicht schwefeligem Wasser. Schon 1471 ist im Salbuch die Rede von einem „Pründl-Maier“, der seiner Ortskirche ein Heiligengut vermacht hat.
Die Quelle wurde zunächts hereingeleitet ins Ehaftbad, das ist das dörfliche Gemeindebad. Ungefähr zu Beginn des 16. Jahrhunderts wurde sie dann gefasst und ein Kapellchen darüber gebaut, ebenfalls St. Wenzeslaus zu Ehren. Laut alter Überlieferung ist schon im 16. Jahrhundert dorthin „groß Zulauf gewest, viel Leut und Viech haben sich alldorten ihre Gesundheit erholt“.
Aus dem Quellchen war ein „Gesundbrünnl“ geworden: „Unzählbar viel bresthafte Menschen und sonderlich Kinder, welche von bösen Leuten faszinieret oder vermaint waren, allda durchs heilsame Bad Gesundheit erlanget, das Wasser von dannen geführt und tragen. Auch große Wallfahrten angestellt, mittels dessen St. Wenzels Gotteshaus sein Vermögen und Barschaft bekommen“.
Der Dreißigjährige Krieg hat die Gemeinde Lauterbach so schwer mitgenommen, dass sie schier verödete. Das Gsundbrünnl war vergessen, das Ehaftbad lag in Schutt und Asche, die gemauerte Brunnstube verfallen, die Bauern legten Flachs und Hanf hinein, um ihn zu rötzen.
Aber die Brünnlkapell wurde wieder aufgebaut, schöner als zuvor, die Wallfahrt lebte wieder auf. Sogar die Frau Kurfürstin von Bayern kam persönlich und brachte als Votivgabe einen Zahn des heiligen Wenzeslaus mit, den sie in kostbarer Monstranz hatte fassen lassen. Es kamen Kranke von nah und fern, Arme und Reiche, „zu Pferd und zu Fuß mit Kutschen“.
Dank der Opfergaben der Wallfahrer konnte man um 1700 an den Neubau der Ortskirche gehen, 1702 war das Langhaus fertig. Aber wegen der neuerlichen Feindeinfälle im Spanischen und später Österreichischen Erbfolgekrieg blieb sie im Innern unvollendet und bis 1792 ohne Turm.
„Durch Guttäter Hände“ wurde dann endlich 1793 ein Türmchen aufgesetzt, leider ohne Proportion zum Langhaus. Das Jahr 1804, Sterbejahr für viele Kirchen, Klöster und Kapellen, wurde für Lauterbach ein Glücksjahr: Pfarrer Gebendorfer von Schrobenhausen ließ viel von der schönen barocken Innenausstattung der abgebrochenen Schrobenhausener Franziskanerkirche nach Lauterbach schaffen und dort, in seiner Filialkirche, aufstellen. Seitdem verdient Lauterbach wenigstens zwei Sterne im ungeschriebenen Baedecker unseres Landkreises.
Der Hochaltar und zwei der vielen Seitenaltäre sind Werke des Schrobenhausener Meisters Anton Wiest, von dem auch die wunderschöne Kanzel stammt. Die Altarengel hat der Münchner Hofbildhauer Anton Brandt geschaffen. Die herrliche Schutzengelgruppe erinnert stark an Ignaz Günther.
So ist Lauterbach „ein Glanzpunkt der Gegend“ geworden, wie Steichele vor 100 Jahren schrieb. Aber inzwischen waren wiederholt, schon im 18. Jahrhundert, große Schäden am Bau selbst festgestellt worden, das Mauerwerk befand ein Münchener Gutachter als „völlig nichtsnutz“, die Fenster saßen so undicht, dass „wenn große Winde wehen, man beim Gottesdienst kein Licht brinnen kann“.
1807 wurde dann eine gründliche Renovierung vorgenommen. Die seit 1835 betriebene Erhebung der Kuratie Lauterbach zur selbständigen Pfarrei fand nach langen und umständlichen Verhandlungen im Oktober 1864 ihre Verwirklichung.
Pfarrer Seemüller gab vor 100 Jahren von seiner jungen Pfarrgemeinde gütig und verständnisvoll diese Beurteilung: „Meine Pfarrkinder pflegen gute Gesittung, wollen Zierde des Gotteshauses. Hang zu sinnlichen Ausschweifungen, zu Trunk und Spiel und Nachtschwärmerei kennen sie nicht. 1866/1867 sind hier keine unehelichen Kinder geboren. Ihre Gesundheit pflegen sie durch ausgiebige Ruhezeit, Maß im Essen und Trinken. Sie enthalten sich des Branntweins. Sie wohnen reinlich, kleiden sich gut, erfüllen ihre Pflicht und arbeiten unermüdlich. Daher finden sich auch im ganzen Pfarrsprengel recht gesunde, rüstige und kräftige Manner und Weiber. Zu Kurpfuschern gehen sie nicht, bedienen sich auch keinerlei Haus- und Zaubermittel. Die Kinder halten sie ordentlich, beizeiten schaffen sie ihnen Arbeit. Zur Schule und Kirche schicken sie die Kinder fleißig.“
Das dörfliche Ehaft-Bad „beim Badjackl“ ist schon 1460 mit einer Sölde, so „uf der Gmain stat“, zum Kastenamt Aichach abgabenpflichtig. Man unterschied deutlich zwischen dem gemauerten und ständig beheizten Dorfbad und dem hölzernen „Padhaus“, das der „Wenzlprunn“ speiste. Beide wurden gleich beim ersten Schwedeneinfall im April 1632 völlig zerstört.
Von der bis in die Ritterzeit zurückreichenden Hoftafern mit den zwei Huben zu Füßen des einstigen Sedelhofes ist noch zu berichten, dass die Hohenwarter Äbtissin als Zehent- und Grundherrin alle „Zapfrechte“ genoss, dass in der Lauterpacher Tafern die großen Gerichtstage und Zusammenkünfte der Vogtei-Bauern stattfanden und dass die Tafernwirte mit ihren Zubaugütern meist die reichsten und angesehensten in der „Obern Vogtei“ waren, richtige „Bauernkönige“.
Der Dorfschmied schließlich baute zu seiner Schmiedstatt, die er nach Aichach versteuerte, noch ein Eigengut und ein Lehen nach Schloß Oberarnbach. Lienhard, der alt Ehaftschmied (1460-1530), wurde noch in seinen alten Tagen vor den Landrichter geladen, weil er seinem Freund und Nachbarn, dem Hansen Leichtenstern von Gröben, „eisenbeschlagene Prügel, sogenannte Morgenstern, geliehen hat, damit die Unhulden und Hexen geschlagen sollten werden“; um 1/2 Guldin ist er „gewandelt“ worden.
Vom 10. April 1816 datiert eine kleine Gewerbestatistik der Ruralgemeinde Lauterbach ans Landgericht, in der folgende Gewerbetreibende mit Realrechten und Konzessionen aufgeführt sind: zwei Schneider, ein Schuhmacher, ein Bader und Chirurg, fünf Leine- und Seidenweber (!), ein Wagner, ein Ehaftsschmid, ein Wirtstaferner. Einöd Hengthal, am äußeren Südzipfel der Gemeinde 500 Meter hoch gelegen, einst Hohenwarter Hueb Hennenthal, ist seit 1145 als Forstausbruch beurkundet.
Im Zuge der Gemeindereform wurde Lauterbach 1972 ebenso wie die anderen ehemals selbständigen Gemeinden Rettenbach und Weilenbach nach Aresing eingemeindet.